J. Monika Walther
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Was mache ich heute?

März 2011

Che farò senza Euridice, che farò senza il mio ben', dove andrò...

Ob deutsche (französische) Literatur in ein paar Jahren unter die Kategorie Regionalliteratur fällt? Weil alle Verlage nur noch ein Imprint von Random House oder Bloomsbury sind? Weil es globale und globalisierte Buchstabensalate geben wird? Denn warum soll es nicht wie für Handys und Autos einen Weltmarkt geben? Dann lesen wir überall, in Paris und London, in Berlin und Nordamerika die gleichen Bücher. Die Programme deutschsprachiger Verlage arbeiten auf eben diesen angelsächsischen Weltmarkt hin: Die hoch gepriesenen Spitzentitel sind austauschbare Passepartout-Romane, manche Buchhändler verhalten sich widerspenstig und bestellen lieber aus der Backlist. Die Frage ist, ob der Masterplan der Konzerne aufgehen wird, ob die Vielfalt des Verlagsgeschäftes zu einem guten Preis verscherbelt wird, oder dass die Kostenrechnungen nicht aufgehen werden, weil die Käufer und Buchbenutzer andere Entscheidungen treffen. Ja, es gibt weltweite Exportschlager, aber noch sind die Bestsellerlisten national geprägt, wenngleich die Möglichkeiten um die Vielfalt der publizierten literarischen Bücher zu wissen, immer weiter abnimmt, trotz oder gerade trotz zunehmender Medienvielfalt und Öffentlichkeit. Und auch: weil die wenigsten Kritikerinnen und Literaturrezensenten die gesamte literarische Szene im Blick haben. Beim Berlin Verlag geht die wunderbare Verlegerin Elisabeth Ruge. Der offizielle Grund: Die globale Umstrukturierung der Verlagsgruppe Bloomsbury und zu der gehört der Berlin Verlag.

Wer wenn nicht wir – ein Film, der vor allem den Blick auf die fünfziger und sechziger Jahre der Westrepublik richtet: die ästhetische Wüste, in der wir/ich groß wurden, die Zimmerlinde in all dem Bräunlichen, Gelbem, Geblümten der Vorhänge und Tapeten, die dunklen Möbel, das Verklemmte und Freudlose der Wohnungen, die gelähmten, verstummten Gespräche bei Tisch, das Schweigen. Nachdem die heimkehrenden Männer ihre Autorität gegenüber Frauen und Kindern wieder hergestellt hatten (Dagmar Herzog: Die Politisierung der Lust) setzte sich die Kultur der Geräuscharmut und des Puritanismus durch (plagiiert von Peter Schneider, aber nur einige Wörter und der Sinn). Was in dem Film leider nicht zu sehen ist, sind die Ruinen, zerstörte Fassaden, Krater, Eisen, die in die Luft ragen, Brachen, die schwarzen Häuserwände mit Einschusslöchern, das Graue, so wuchs ich auf, drüben wie im Westen. Bei uns Kindern gab es einen fantastischen Leichtsinn und eine überbordende Fantasie. In all den Lücken, zwischen allem, was es nicht gab und von dem wir gar nicht wussten, dass es das je gegeben hatte oder anderswo gab, tobten wir in Freiheit bis zur Erschöpfung, um abends uns in das Braune und Gelbe und Eckige und lähmende Schweigen einzufügen.

Was jedem Menschen passieren kann – vor 200 Jahren wagte ein Albrecht Berblinger als erster geflügelter Mensch den Gleitflug. Das Experiment misslang bei der öffentlichen Vorführung und dieser Schneider von Ulm, vorher ein geachteter Handwerker, wurde eine Witzfigur, ein ganz armer und darbender Hund. Und heute wird er als Deutschlands erster Flugpionier gefeiert. So kann es gehen.

Was wünsche ich mir? Einen warmen Frühling, Blicke, Bücher, eine Hand – und die Fähigkeit weiter Gedichte und Poems und Erzählungen zu schreiben.

Und noch einmal den Wunsch: dass ein Zug mich manchmal aus der Zeit fährt... Als ich vor kurzem in Fryslan war, da war ich in so einem Waggon.

Was tue ich heute: Durch das Haus gehen und schauen, was kann anders, neu werden, was soll bleiben, wofür reicht Geld und wofür nicht.

Und: Wenn Gestern und Morgen Heute ist, das fühlt sich gut an.

Also: heute ist ein sonniger Tag, es weht ein kalter Wind, die Krokusse blühen und noch einmal sind die Teiche zugefroren.

Jay